Jugendbegegnung der Kolpingjugend im Europäischen Parlament

Bürokratie-Irrsinn, Bananenkrümmungs-Vorschriften und ein großes Demokratiedefizit – mit Vorurteilen wie diesen muss die Europäische Union oft kämpfen. Doch ist die Realität wirklich so einfach, wie es diese Schlagwörter vermuten lassen? Vom 01.-04. Mai 2014 haben über 100 Jugendliche aus 15 europäischen Ländern die EU im Europäischen Parlament kennenlernen dürfen. An dieser Veranstaltung der Kolpingjugend Europa nahm auch Sven Messing, Diözesanleiter der Kolpingjugend im Diözesanverband Bamberg, teil.

Besonders spannend wurde es, als die Jugendlichen in einem Rollenspiel die Aufgabe gestellt bekamen, gemeinsam eine Richtlinie zum Klimaschutz zu verabschieden und dabei einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen der Parteien, der Nationalstaaten und dem Gemeinwohl zu finden. Nachdem es im Parlament bereits eine Herausforderung war, sich auf eine gemeinsame Linie zum Entwurf der Europäischen Kommission zu verständigen, kam der Rat der Europäischen Union (Minister aller Mitgliedstaaten), der ebenfalls von Jugendlichen simuliert wurde, mit seinen eigenen Blickwinkeln dazu. Als sich auch die Kommission wenig verhandlungsbereit zeigte, wurde deutlich, wie schwierig das Leben eines Mitglied des Europäischen Parlaments ist. Doch die jungen Menschen zeigten sich bereit zu Kompromissen, sodass am Ende eine deutlich geänderte Richtlinie verabschiedet werden konnte.

Neben dem besseren Verständnis für die Zusammenarbeit der europäischen Institutionen, boten Experten einen Einblick in die geschichtliche Entwicklung und aktuelle Themen. Bewegend war die Rede des über 90jährigen Paul Collowald, der an das ursprüngliche Ziel – Frieden – und die Rede von Robert Schuman vom 9. Mai 1950 erinnerte. Wie fragil Frieden ist, haben alle Redner aufgegriffen, wenn sie die Situation in der Ukraine analysierten und daran die Herausforderung der EU beschrieben. Pat Cox, früherer Präsident des Europäischen Parlaments, warnte ausdrücklich davor, die aktuelle Situation als gegeben hinzunehmen und stellte seine Rede unter das Motto „History is not dead“. Auch in dem Gespräch mit Kandidaten für die bevorstehenden Europawahlen war dieses Thema – neben wirtschaftlichen und sozialen Fragen – ein wichtiger Schwerpunkt.

Der letzte Tag stand unter der dem Motto von europäischer Bürgerschaft und Engagement für Europa. Pater Patrick Daly, Generalsekretär der Kommission der europäischen Bischofskonferenz,  hielt eine eindrückliche Rede, in der er der Frage der Identität nachging – und nationalistische Tendenzen deutlich in Frage stellte. Außerdem ging er auf die christlichen Wurzeln Europas ein und warb für den achtsamen Umgang und die Pflege zwischenmenschlicher Kontakte – insbesondere in Zeiten, wo „Identität“ dank Facebook und anderer moderner Medien schnelllebig und fragil geworden ist.

Am Ende beschrieben einige Teilnehmer ihre Erfahrungen und schilderten, wie Mut machend und begeisternd die Tage waren – und wie der eigene Horizont ein Stück europäischer geworden ist. Denn während einige Teilnehmer in der Europäischen Union aufgewachsen sind (Frankreich, Belgien, Deutschland), sind andere erst durch die Osterweiterungen 2004 und 2007 Teil der EU geworden (z.B. Polen, Slowenien, Rumänien). Und für manche stellt die Europäische Union noch ein Ziel dar – wie für die Teilnehmer aus der Ukraine, Serbien und dem Kosovo.

08.09.2014
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